Grundsteuerhebesätze - alles neu!

Veröffentlicht am 24. Oktober 2024 um 21:56

Zusammenfassung

Der Hebesatz für die Grundsteuer für bebaute und unbebaute Grundstücke wird von 427 auf 400 gesenkt.

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Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen unserer Gemeinde. Mit ihr bestreiten wir unsere Ausgaben, wie z.B. den Ausbau unserer Infrastruktur, die Finanzierungen der Leistungen unseres Bauhofes und vieles mehr.

Aus Gründen, welche ich im Folgenden darstelle, wurde eine Anpassung der Grundsteuer notwendig.

 

Leider verpasste ich urlaubsbedingt die Abstimmung zum Thema im Gemeinderat. Da es jedoch schon Vorberatungen im Verwaltungsausschuss (dessen Mitglied ich bin) zum Thema gab, kann ich euch über die neuesten Entwicklungen informieren.

Bild von ADS auf Freepik

Wie wird eure Grundsteuer berechnet?

 

Die zu zahlende Grundsteuer ermittelt sich anhand folgender Formel:

Einheitswert x Steuermesszahl = Steuermessbetrag

Steuermessbetrag x Hebesatz = zu zahlende Grundsteuer

 

Die Steuermesszahl wird von der Bundesregierung festgelegt und bemisst sich an der Grundstücksart.

 

Der Einheitswert eurer Grundstücke wird von den Finanzämtern ermittelt und euch (und der Gemeindeverwaltung) im Bescheid über den Grundsteuerwert mitgeteilt.

 

Auf diesen Einheitswert wird nun die Steuermesszahl (z.B. 3,5 Promille) gelegt und es ergibt sich der Steuermessbetrag, den ihr z.B. auch im Grundsteuerbescheid der euch von der Gemeinde Großharthau erteilt wurde, ablesen könnt.

 

Und erst jetzt kommt der Gestaltungsspielraum der Gemeinden zum tragen. Die Gemeinden bestimmen einen eigenen Hebesatz , mit welchem der Steuermessbetrag multipliziert wird. In unserer Gemeinde beträgt dieser Hebesatz bisher 427,5 Prozent.

Bei einem Steuermessbetrag von beispielsweise 100 Euro, hätte man 427,50 Euro Grundsteuer an die Gemeinde zu zahlen.

Warum aber nun die Änderung?

Wie geschildert, bilden die durch die Finanzämter zu ermittelnden Einheitswerte die Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer. Da diese  jedoch zu lange nicht neu ermittelt wurden (die Finanzämter wurden nur bei Neubauten oder ihnen bekannt gewordenen Änderungen tätig), kam es im April 2018 zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, dass die Grundsteuer neu berechnet werden müsse.

 

Die Bundesregierung beschloss  aufgrund dieser neuen Rechtsprechung das Gesetz und die Berechnungsgrundlage des Einheitswertes zu ändern. Diese Änderungen betrafen zunächst also nur die Ermittlungen der Einheitswerte in den Finanzämtern.

 

Dies alles mündete in der viel diskutierten Grundsteuerreform und den in den letzten beiden Jahren ergangenen Bescheiden der Finanzämter.

Und was macht Großharthau?

Die Reform soll grundsätzlich aufkommensneutral erfolgen. Das heißt, wir wollen durch die Reform nicht mehr Steuern einnehmen, als wir es nach altem Recht taten.

 

Allgemein wird davon ausgegangen, dass die neu ermittelten Einheitswerte eher höher festgelegt werden als die nach altem Recht ermittelten. Also müssten für ein neutrales Aufkommen die Hebesätze durch die Gemeinde herunter gesetzt werden. Derzeit haben wir aber keine ausreichende Datengrundlage (es sind der Gemeinde nicht genug Bescheide nach neuem Recht zugegangenen – nicht einmal die Hälfte aller Einheitswerte liegt der Gemeinde vor) um die These der allgemein steigenden Einheitswerte zu stützen.

 

Die uns durch das Sächsische Staatsministerium der Finanzen übermittelte Datenbasis, welche als Entscheidungshilfe dienen sollte, arbeitete mit noch älteren Daten als sie uns aktuell vorliegen (Datenlage aus dem April). Der Großteil der Gemeinderäte war sich einig, dass die Datenbasis dieser Handlungsempfehlung nicht ausreichend belastbar und darum als Entscheidungsgrundlage zu verwerfen war.

 

Die tatsächliche Entwicklung der Höhe der Einheitswerte lag und liegt für uns also absolut im Nebel. Entsprechend breit war der Meinungskorridor der Gemeinderäte über die anzusetzende Höhe der Hebesätze.

 

Einige Gemeinderäte vertraten die Meinung, die Hebesätze sollten sich am absoluten Prognoseminimum von 350 Prozent orientieren. Dies hätte zu geringeren Steuerzahlungen der Einwohner geführt.

 

Andere Gemeinderäte machten auf die ohnehin schon angespannte Haushaltslage der Gemeinde aufmerksam. Eine Orientierung am unteren Ende der Prognosespanne birgt enorme fiskalische Gefahren. Niemand kann tatsächlich abschätzen wie sich die Einheitswerte konkret entwickeln. Eine Herabsetzung der Hebesätze könnte zu Einnahmeausfällen führen, welche ernste Konsequenzen für die Gemeinde haben.

 

Ich habe mich eher der zweiten Meinung angeschlossen. Ich bin auch mit dem Ziel angetreten, die Selbstständigkeit unserer Gemeinde zu erhalten. Wenn unsere Einnahmen nicht mehr unsere immer weiter steigenden Ausgaben decken, droht unter anderem eine Haushaltssperre, welche eklatant in unsere Haushaltsautonomie eingreift. In letzter Konsequenz wäre es auch denkbar, dass unsere Gemeinde unter die Weisungen der zuständigen Aufsichtsbehörde fällt. Dies möchte ich und auch andere Gemeinderäte auf jeden Fall verhindern.

 

Aufgrund dieser Risiken vertraten einzelne Mitglieder des Gemeinderates die nachvollziehbare Auffassung, dass die Hebesätze vorerst auf der alten Höhe von 427,5 Prozent zu belassen seien, bis eine belastbare Datenbasis vorliegt. Erst dann sollte sich der Gemeinderat mit einer Anpassung befassen. So hat es zum Beispiel bereits die Stadt Bischofswerda beschlossen.

 

Im Ergebnis der Diskussionen fand ein vernünftiger Kompromiss die Mehrheit im Gemeinderat.

Der Hebesatz für bebaute und unbebaute Grundstücke wird auf 400% herabgesetzt.

Ich begrüße die Entscheidung, da es beiden Überlegungen Rechnung trägt. Eine Mehrbelastung der Bürger wird soweit möglich vermieden, während die fiskalischen Risiken so gering wie möglich gehalten werden.

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Kommentare

Robin
Vor 9 Monate

Moin,

" Einige Gemeinderäte vertraten die Meinung, die Hebesätze sollten sich am absoluten Prognoseminimum von 350 Prozent orientieren. Dies hätte zu geringeren Steuerzahlungen der Einwohner geführt." --> Dies stimmt so nicht. Weder in der Sitzung des Verwaltungsausschusses hat dies jemand gewollt noch in der Gemeinderatssitzung. Es gab nur einen Gemeinderat der noch tiefer als 400 % gehen wollte aber auch nur bis 375.

Grüße Robin

Robert
Vor 9 Monate

Was in der Gemeinderatsitzung diskutiert wurde, weiß ich nicht.
In der Ausschusssitzung gab es durchaus mehrere Vetreter, die in Richtung 350-375 argumentiert haben.
Zwischenzeitlich haben wir anhand eines Beispiels mal die betragsmäßige Differenz zwischen der 350 und der 427 Variante durchgerechnet. Also war 350 durchaus ne Zeit lang in der Diskussion.
Und das ist doch auch in Ordnung.
Wie gesagt, jede Variante hat seine Vor- und seine Nachteile.
😉✌️

Robin
Vor 9 Monate

Achso, und was vielleicht auch für die Bürger interessant ist: Alle Gemeinderäte der SPD waren am Anfang dafür das der Hebesatz von 427,5 % beibehalten wird. Deswegen wurde dies auch im Entwurf so angegeben. Durch die Stimmen der freien Wähler, CDU und AfD kommte dies jedoch verhindert werden. In der öffentlichen Abstimmung wo auch viele Bürger anwesend waren, hat die SPD dann natürlich auch für 400 % gestimmt. So viel Ehrlichkeit und Transparenz sollte man in seinem Blog schon haben... 😀

Robert
Vor 9 Monate

Hi Robin.
Da du ja selber in der Sitzung des Verwaltungsausschusses gesessen hast, erinnerst du dich sicher, dass wir betont hatten, dass die Beibehaltung der alten Sätze als Arbeitsgrundlage für die Gemeinderatssitzung sein sollten.
Und du erinnerst dich vielleicht, dass ich und auch andere schon in dieser Situng eher zu den 400 tendierten.
Das habe ich, so glaube ich, schon ganz gut dargestellt.

Trotzdem danke für deinen Beitrag 😉✌️

Robin
Vor 9 Monate

Hallo nochmal,

Deiner letzten Darstellung muss ich widersprechen. In der Sitzung des Verwaltungsausschusses hast auch du für 427,5 gestimmt. Es stimmt das es erst den Anschein gemacht hat das du zu 400 % tendierst, jedoch zählt die Abstimmung bei der du wie schon erwähnt wie auch all deine Parteikollegen für 427,5 gestimmt hast. Genau deswegen wurde dies auch dann in den Entwurf so aufgenommen.

Robert
Vor 9 Monate

Robin, ich widerspreche dir doch gar nicht. Und ich habe es auch nie anders dargestellt.
In der Vorbesprechung gab es viele unterschiedliche Meinungen. Einige plädierten für 350/375 andere für 400, wieder andere für 427.
Nach langer Diskussion schloss ich mich der Auffassung an, dass wir als Arbeitsentwurf die Beibehaltung von 427 (begrenzt auf ein Jahr) in den Gemeinderat geben.
Und schon damals haben wir gesagt, dass wir dort noch einmal offen diskutieren, ob wir vielleicht doch noch etwas runter gehen.
Das habe ich vielleicht bisher nicht in diesem Detailgrad beschrieben (der Blog soll ja kein Aufsatz werden), aber ich sehe nicht, wo ich irgendwo die Unwahrheit gesagt habe.

Und wenn du behauptest, dass die Vertreter, welche einen höheren Satz forderten nur eingeknickt wären, weil Publikum anwesend war, wirst du etwas unscharf in deinen Argumenten.
Ich weiß z.B. von einigen, die sich einfach noch mal den neuesten Stand bei der Datenlage besorgt haben. Und die deutete eben nun doch etwas mehr in eine Richtung.
Dass man dann auf den entsprechenden Kompromiss eingeht, hat ziemlich wenig mit Unehrlichkeit zu tun 😉

Ich fand den gesamten Prozess von allen Seiten (inklusive derer, die anderer Meinung waren) konstruktiv und ehrlich. Zumindest soweit ich das mitbekommen habe.

Viele Grüße ✌️